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Nach dem Tod ihrer Mutter widmet sich Dorothea Truelove mit Hingabe gemeinnütziger Arbeit, verfolgt dabei jedoch auch ihren eigenen Wissensdurst, denn sie geht der Erforschung der Phrenologie nach und lässt keine Gelegenheit aus, um im Oakgate-Frauengefängnis ihre Beobachtungen zu machen. Die Theorie der Phrenologie besagt, dass die spezielle Formung des Schädels eine Aussage über die Eigenschaften der Person geben kann. Doch trifft dies auch auf die sechzehnjährige Ruth Butterham zu, die wegen Mordes einsitzt?
Zuerst eine viktorianische Geistergeschichte (»Die stillen Gefährten«), nun also ein viktorianischer Thriller. Laura Purcell entführt ihre Leserinnen und Leser wieder in das 19. Jahrhundert und spielt mit den starken gesellschaftlichen Differenzen, die in ihren Hauptprotagonistinnen Dorothea und Ruth versinnbildlicht werden.
Während Dorothea in eine angesehene Familie hineingeboren wurde, wo sie als ledige Frau mit ihren fünfundzwanzig Jahren bald zu einer alten Jungfer herangereift sein wird und sich zudem, unschicklicher weise, brennend für die Wissenschaft der Phrenologie interessiert. Die Probleme wirken im Kontrast zu Ruths entbehrungsreichem Leben in Armut fast schon skurril lächerlich. Eines verbindet jedoch die beiden unterschiedlichen Frauen, sie sind Gefangene in dem engen Käfig der Weiblichkeit.
Die Komposition aus zwei Perspektiven, die Gegenwart und Vergangenheit vereinen, ist unheimlich spannend gestrickt und erzeugt einen regelrechten Lesesog. Allerdings konnte mich Laura Purcell mit Ruths Geschichte weitaus mehr in den Bann ziehen. Ihr Leben führt die schrecklichen Auswirkungen von Armut deutlich vor Augen und zudem ist es gespickt von einer schauderhaften Dramatik, die mich mehr als einmal gruseln ließ.
Die Familiengeschichte von Ruth und ihrem stark verwurzelten Glauben daran, dass ihre Gefühle und Wünsche in ihre Näharbeiten übergehen und sie dadurch zu einer Mörderin wurde, hat mich mitgenommen. Die vermeintlich übernatürliche Komponenten wird mit Gewalt und geschickten Psychospielchen unterstrichen, die im Haushalt der Metyards, wo Ruth als Näherin die Schulden ihrer Familie abarbeiten muss und wie eine Sklavin gehalten wird, auf ihren Höhepunkt zusteuern. Definitiv nichts für zarte Gemüter!
Im Handlungsstrang über Dorotheas Leben fällt die Entwicklung nicht so reizvoll aus, auch wenn ich zunächst ihre Leidenschaft für die Lehren der Phrenologie als äußerst interessant empfand, so ist das Schädelvermessen im Laufe der Handlung zu einer Randnotiz verblasst. Die zerreißende Frage um den Glauben an die Wissenschaft oder den Glauben an das Übernatürliche wird jedoch bis zuletzt auf einem hohen Spannungsniveau gehalten.
Mit »Das Korsett« legt Laura Purcell eine Geschichte voller Nervenkitzel vor, die mit der Wahrnehmung und dem Verstand spielt und dabei eine schauderhafte Atmosphäre versprüht.
Ein beängstigendes Leseerlebnis voller Grauen und Mystik vor dem Hintergrund des 19. Jahrhunderts erzählt.
Titel: Das Korsett
Originaltitel: The Corset
Autorin: Laura Purcell
Übersetzerin: Eva Brunner
Genre: Thriller
Verlag: Festa Verlag
ISBN-13: 978-3865529404
Format: Gebunden
Seitenanzahl: 528 Seiten
Preis: 22,99 €
Erschienen: 8. November 2021
Laura Purcell ist fasziniert von der finsteren Seite der königlichen Geschichte. Ihre unheimlichen, historischen Romane haben ihr schnell viele Fans beschert und den Ruf eingebracht, die »neue Königin der Geisterhaus-Geschichten« zu sein.
Laura lebt mit ihrem Mann und ihren Meerschweinchen in Colchester, der ältesten bekannten Stadt Englands. Sie arbeitete in der Kommunalverwaltung, in der Finanzbranche und in einer Buchhandlung, bevor sie Vollzeitautorin wurde.
Quelle: Festa Verlag
Interessant und mysteriös in einem ganz speziellen Setting!
Buchperlenblog
Optisch hervorragend, inhaltlich solide, sprachlich ausbaufähig.
Zwischen den Zeilen
Es konnte mich immer wieder überraschen und faszinieren.
Janas Lesehimmel
Ein großartiger Thriller, der ohne viel Blut brutal und absolut beängstigend daherkommt. Eine atmosphärische Glanzleistung.
Papierflügel
„Das Korsett“ konnte mich mal wieder voll und ganz überzeugen und für mich gibt es damit eine neue Lieblingsautorin.
Madame Misc
„Das Korsett“ ließ mich mitleiden, hoffen, fluchen, … was kann man als Autor mehr erreichen?
Voll ausgebucht