Lesedauer: 4 Minuten
William ›Billy‹ Summers diente als Marine im Irak bis er später seinen Lebensunterhalt als Auftragskiller verdient. Bevor er in den Ruhestand geht und ein neues Leben beginnt, winkt ein letzter Job. Billy wird jedoch von den Hintermännern, die er zu kennen glaubte, gelinkt und muss nach Erfüllung des Auftrags untertauchen. Trotz seiner verzwickten Lage rettet Billy die junge Frau Alice, die nach einer Gruppenvergewaltigung einfach in einer Straße abgeladen wurde. Als es Alice langsam besser geht, beginnt ein Rachefeldzug der Gerechtigkeit…
Stephen King ist ein begnadeter Geschichtenerzähler und genau das stellt er in seinem neuesten Roman »Billy Summers« wieder einmal mit Bravour unter Beweis.
Das über siebenhundert Seiten starke Buch bietet eine Mischung aus Thriller und Spannungsroman und wird aus der Perspektive des Auftragskillers Billy Summers erzählt, dessen bewegtes Leben im Mittelpunkt der Geschichte steht, und sich durch eine fesselnde Sogwirkung ziemlich flott lesen lässt. Ausgehend von Billys letztem Auftrag, der zudem ein äußerst lukrativer Coup darstellt, taucht man in die nervenaufreibende Welt des Auftragskillers ein und schnell wird klar, dass er einem gewissen Moralkodex folgt, da er nur bereit ist schlechte Menschen umzulegen.
»Er ist ein Auftragskiller, und wenn er nicht so denkt wie das, was und wer er ist, kommt er nie heil aus der Sache heraus.«
Seite 263
Sein letzter Job ist allerdings etwas Besonderes, und unter dem Deckmantel eines angehenden Schriftstellers, wird er unter einer falschen Identität am Ort des Geschehens eingeführt. Eigentlich wollte er die Bekanntschaften mit Nachbarn und Co. oberflächlich halten, doch wie so oft bei einem allerletzten Coup, gerät auch hier etwas gewaltig auf die schiefe Bahn.
Billy, der gegenüber seinem Auftraggeber immer in die Rolle des harmlosen Einfältigen schlüpft, riecht den falschen Braten ziemlich früh und beginnt für den Notfall mehrgleisig zu fahren, was zu einem noch komplexeren Rollenspiel führt – so muss er nicht nur sich selbst, den Einfältigen und den Schriftsteller mimen, sondern zusätzlich auch noch einen IT-Fachmann.
Der Charakter von Billy ist vielschichtig und geprägt durch den gewaltsamen Tod seiner kleinen Schwester, seiner Kindheit, die er zum großen Teil bei einer Pflegefamilie verbrachte und schließlich durch die traumatischen Erlebnisse im Irak. Für die Tarnung als angehender Schriftsteller beginnt er tatsächlich damit über sein Leben zu schreiben und arbeitet darin Stück für Stück seine Vergangenheit auf. Dieser Kunstkniff ist besonders gut gelungen, da sich die ›Buchpassagen‹ im Stil vom restlichen Roman unterscheiden und erst zu Ende der Geschichte immer mehr ineinander übergehen.
»Schlechte Menschen müssen einen Preis bezahlen. Und der Preis sollte hoch sein.«
Seite 424
Am besten hat mir an der Geschichte gefallen, dass Billy immer seinem eigenen moralischen Kompass folgt. Eigentlich sollte man denken, dass dies mit seiner eigenen Persönlichkeit in Konflikt gerät, doch innen drinnen ist der Auftragsmörder einfach ein guter Mensch – auch wenn er sich selbst nicht so sehen kann.
Deshalb hat King als Bindeglied die junge Frau Alice eingeführt, die Opfer einer Gruppenvergewaltigung wurde und in Billy auf eine schräge aber dennoch nachvollziehbare Art und Weise einen Schutzengel findet. Von nun an bekommt die Geschichte noch einmal eine ganz andere Dynamik und es stellen sich unweigerlich die großen Fragen: ›Wo hört Rache auf und beginnt Gerechtigkeit?‹ und ›Wird man durch die Ausübung einer Art Selbstjustiz automatisch zu einem schlechten Menschen?‹
Seite 509
In »Billy Summers« bringt Stephen King die düsteren Seiten des Auftragsmordes, die Verstrickungen gewisser Kartelle und die fast schon absurd anmutende Menschlichkeit eines Mörders zusammen und bestückt den Handlungsbogen mit diversen Traumata, die für eine dichte und bedrückende Atmosphäre sorgen. Unglaublich, dass man durch Kings besondere Geschichte sogar Sympathie für einen Auftragskiller empfinden lernt!
Ein nervenaufreibender und brutaler King, der die ambivalenten Seiten eines Auftragskillers mit Moral zeigt. Schockierend emotional – das muss man unbedingt gelesen haben!
Titel: Billy Summers
Originaltitel: Billy Summers
Autor: Stephen King
Übersetzer: Bernhard Kleinschmidt
Genre: Thriller
Verlag: Heyne
ISBN-13: 978-3453273597
Format: Gebunden
Seitenanzahl: 720 Seiten
Preis: 26,00 €
Erschienen: 9. August 2021
Stephen King wurde am 21. September 1947 in Portland, Maine, geboren. Er zählt zu den erfolgreichsten Autoren des späten 20. Jahrhunderts. Insgesamt hat der vielfach ausgezeichnete Bestsellerautor über 40 Romane, über 100 Kurzgeschichten, Novellen, Drehbücher, Gedichte, Essays, Kolumnen und Sachbücher veröffentlicht. Ende 2003 erhält Stephen King den »National Book Award« für sein Lebenswerk. Weltweit hat er 400 Millionen Bücher in mehr als 40 Sprachen verkauft. Mit seiner Frau Tabitha lebt er in Bangor, Maine. Stephen King hat eine Tochter und zwei Söhne.
Quelle: Penguin Random House
Ein rundum gelungenes Buch mit einem vielschichtigen, sympathischen Hauptcharakter, der uns mitnimmt zu seinem letzten Coup, seinem Schicksal und seiner Vergangenheit.
Buchperlenblog
Für mich ist das ein Meisterwerk der Erzählkunst.
Lese-Welle
Hallo liebe Bella,
hm..hm….Stephen King ist schon toll, aber bei über 700 Seiten bin ich einfach draußen…ist mir persönlich etwas zu viel zum lesen.
Schade das man da nicht eine Aufteilung vorgenommen hat…
LG….Karin..
Hallo liebe Karin,
ich persönlich mag ja solch dicke Schinken total gerne – zumindest wenn sie gut geschrieben sind – und habe es richtig genossen Zeit mit dem Wälzer im Lesesessel zu verbringen.
Es gibt ja immer wieder mal etwas dünnere Ausgaben von King-Büchern, wie z. B. sein vorheriges Buch „Später“.
Liebe Grüße
Bella
Ich hätte eigentlich mal wieder Lust auf einen King. Die neueren kenne ich alle gar nicht. Aber auf brutal habe ich wiederum keine Lust. Aber sein Schreibstil könnte mich echt locken.
Ich kenne auch bei weitem nicht alle King Bücher. Habe viele seiner Geschichten auch nur als Film gesehen.
Was hast du denn gerne von ihm gelesen?
Liebe Grüße
Bella
Ich war früher absoluter Fan und habe bis Ende der 90er so ziemlich alles von ihm gelesen. Es gab dann einen Punkt, an dem ich zwei Bücher nicht mochte, auf jeden Fall war „Dolores“ dabei, auch wenn ich heute nicht mehr weiß, worum es ging. Ich habe zuletzt nur noch zwei Re-Reads gehabt. „Es“ und „Friedhof der Kuscheltiere“ – mein liebstes und mein erstes Buch von ihm.
Mein erstes Buch von ihm damals war »Das Mädchen« das fand ich auch sehr gut und dann.
Die Bill Hodges Trilogie mochte ich auch, müsste ich mal den dritten Teil lesen… Aber ich könnte mir vorstellen, dass vielleicht »Später« (der ist auch dieses Jahr erschienen) etwas für dich sein könnte. Der läuft eher auf der paranormalen Schiene.
Von »Es«, »Friedhof der Kuscheltiere« und »Dolores« kenne ich nur die Filme. Bei letzterem geht es um eine Frau die einen Schriftsteller in ihrem Haus gefangen hält und ihn foltert.
Hallo Bella,
noch vor Erscheinen des Buches hab ich es mir auf die Wunschliste gesetzt.
Du hast mir jetzt richtig Lust drauf gemacht. Ich denke, im September darf es einziehen. :D
Cheerio
RoXXie
Liebe RoXXie,
perfekt, dass es schon auf deiner Wunschliste steht und ich dir den Mund jetzt so richtig wässrig machen konnte.
Schonmal vorab viel Spaß mit Billy Summers!
Viele Grüße
Bella
Hallo Bella!
Du bringst es wirklich auf den Punkt, ich war auch erstaunt, wie sehr mir Billy ans Herz wachsen konnte, obwohl er ja als Auftragskiller eigentlich kein Sympathieträger sein sollte.
King hat hier echt wieder ein Meisterwerk geschaffen finde ich.
Meine Rezension kommt in ein paar Tagen und ich verlinke dich dann gerne. :)
Liebe Grüße
Diana
Liebe Diana,
bei dem Buch komme ich richtig ins fangirlen – ein wunderbarer King, bei dem ich wieder richtig Lust darauf bekommen habe meine King-Lücken aufzuarbeiten.
Vielen Dank schonmal fürs Verlinken. Werde dann dasselbe tun ;)
Liebste Grüße
Bella
Ging mir auch ähnlich. Habe deshalb endlich mal „Feuerkind“ gelesen, das länger auf meiner Leseliste stand. Aber das war leider nicht ganz so überzeugend.
Wie Schade. Das Buch habe ich (glaube ich) vor langer Zeit mal begonnen und nie zu Ende gelesen (kann mich aber nicht mehr so wirklich erinnern, warum).
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