{Rezension} Zirkus der Wunder von Elizabeth Macneal


Lesedauer: 4 Minuten

England, 1866. In einem kleinen Dorf aufgewachsen ist es zu Nells zweiter Natur geworden, ihre Besonderheit zu verstecken und um keinen Preis aufzufallen. Als ›Jasper Jupiters Zirkus der Wunder‹ seine Zelte dort aufschlägt und Nell von ihrem Vater als Kuriosität an Jasper verkauft wird, ändert sich ihr Leben schlagartig. Zwischen anderen von der Gesellschaft ausgegrenzten Menschen findet das ›Leopardenmädchen‹ eine neue Familie und die Chance darauf, bewundert und gefeiert zu werden. Doch auch der Ruhm hat seine Schattenseiten…

Nachdem mich Elizabeth Macneal mit ihrem schaurig-fesselnden Debütroman »The Doll Factory« bereits in die dunklen Gassen des viktorianischen Londons entführt hatte, war klar, dass ich ihr auch durch die Vorhänge der Manege in »Zirkus der Wunder« erneut nach England Mitte des 19. Jahrhunderts folgen werde.

Von der ersten Seite hat mich Elizabeth Macneal mit ihrer fesselnden Art zu erzählen und eine dichte Atmosphäre zu kreieren, in die man sich nur zu gerne hüllt, um sich von den Geschehnissen ergreifen und mitreißen zu lassen. Dabei platziert sie ihre fiktionale Geschichte auf realen Ereignissen aus der Historie, was das Leseerlebnis umso greifbarer macht. Sehr gut gefällt mir, dass im Anschluss des Romans auf die Bezüge und ihre Inspirationsquellen kurz eingegangen wird.

Dank des überaus bildhaften Erzählstils, den authentischen Charakteren und des spannenden Storyaufbaus hat sich vor meinen Augen ein grandioses Kopfkino in Gang gesetzt, welches mich gebannt durch die Seiten fliegen ließ. Ein richtiger Pageturner also!

Der Wechsel zwischen den Perspektiven des ›Leopardenmädchens‹ Nell, des ambitionierten Schaustellers Jasper und seinem zurückhaltenden Bruder Toby bieten jede Menge Abwechslung und sorgen für garantiert für gute Unterhaltung. Denn Elizabeth Macneal versteht es mit ungezwungener Leichtigkeit, die einzelnen Komponenten der Story geschickt zu seinem ansprechenden und runden Gesamtbild zusammenzufügen.

Während Nell, vom jungen Mädchen, das um jeden Preis ihre Andersartigkeit vor den Augen der Welt zu verbergen sucht, zum großen und selbstbewussten Star in ›Jasper Jupiters Zirkus der Wunder‹ avanciert, die größte Entwicklung der Charaktere durchmacht, wird Jasper von seinem Traum, größter Impresario zu werden und vor der Queen mit ihrer Vorliebe für Kuriositäten aufzutreten, getrieben und Toby wünscht sich eigentlich nichts sehnlicher als die Liebe und Anerkennung seines Bruders, doch er erkennt bereits die Kluft zwischen ihnen, die sich seit dem Krieg an der Krim zwischen Ihnen aufgetan hat.

Ich finde es großartig, wie Elizabeth Macneal die Ambivalenz ihrer Figuren präsentiert und darum noch eine ansprechende und glaubwürdige Storyline arrangiert, die begeistert. Ganz großes Erzählkino, welches auch die ein oder andere überraschende Wendung parat hat.

Bei der ganzen Begeisterung gibt es nur ein klitzekleiner Punkt, der mir etwas gefehlt hat, und zwar hätte ich mir eine größere Emotionalität gewünscht. Das mag auch eine persönliche Wahrnehmung sein, die mich nicht davon abhält, diesem Roman eine absolute Leseempfehlung auszusprechen!


Brillantes Erzählkino, das in die Welt der Kuriositätenshows im viktorianischen Zeitalter und dessen Darsteller entführt.

★★★★½

*WERBUNG*


Titel: Zirkus der Wunder
Originaltitel: Circus of Wonders
Autor*in: Elizabeth Macneal
Übersetzer*in: Eva Bonné
Genre: Historischer Roman
Verlag: Eichborn (Bastei Lübbe)
ISBN-13: 978-3847901174
Format: Gebunden
Seitenanzahl: 430 Seiten
Preis: 24,00 €
Erschienen: 28. Oktober 2022

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Elizabeth Macneal stammt aus Schottland und lebt in London. Sie ist Autorin und Töpferin. THE DOLL FACTORY ist ihr erster Roman und sprang direkt nach Erscheinen auf Platz 1 der britischen Bestsellerliste. Die Übersetzungsrechte wurden in über 30 Länder verkauft.

Quelle: Bastei Lübbe


Gerne empfehle ich dieses Buch an alle weiter, die Lust auf einen historischen Roman haben, der aus dem Rahmen des Gewöhnlichen herausfällt!
Buchsichten

Mit ihrer unnachahmlichen Weise, ihrer Geschichte – inhaltlich, aber auch stilistisch – Glanz zu verleihen, sie zu strukturieren bzw. wie sie ihre Handlungsfäden charmant aneinanderknüpft, das beeindruckt mich erneut zutiefst.
Zwischen den Zeilen

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