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Kathi ist Mitte dreißig als sie die ernüchternde Botschaft erhält, dass sie keine eigenen Kinder haben kann: Diagnose frühzeitige Wechseljahre. Neben ihrer Promotion über die Märchen der Gebrüder Grimm, steht für sie fest, dass sie ihren Kinderwunsch mit Partner David dennoch nicht aufgibt. So wagt das Pärchen das langwierige Abenteuer Adoption. Als Kathis beste Freundin Effi schwanger wird, ist die Geduld mit dem Warten zu Ende und Kathi bemüht sich aktiv um das Vorankommen ihres Adoptionsverfahrens. Gemeinsam stehen die Freundinnen in ihren unterschiedlichen Wegen zur Familiengründung zusammen und werden jede auf ihre Art Mutter.
Mit ihrem neuesten Roman »Hätt‘ ich ein Kind« trifft die Kolumnistin und Autorin Lea Streisand ein Thema, welches mich bereits einige Jahre beschäftigt, nämlich der Kinderwunsch.
Genau wie Hauptprotagonistin Kathi bin ich bald Mitte dreißig und genau wie ihre beste Freundin Effi hatte ich bereits eine Fehlgeburt, vielleicht konnte ich mich auch deshalb so gut in den Frauen, ihren Gedanken und Gefühlen wiederfinden, da ich viele der Erfahrungen teile und mir genau dieselben Fragen gestellt habe und noch stellen werde.
Das Thema Adoption wird bei Kathi durch die Diagnose frühzeitige Wechseljahre und die damit verbundene Unfruchtbarkeit präsent und ich war sehr gespannt, ihren Weg zu verfolgen. Ich fand es sehr interessant, durch diesen Roman, einen Einblick in den unglaublich bürokratischen Weg eines Adoptionsverfahrens in unterhaltsamer Form aufbereitet zu erhalten. Die lockere Erzählweise von Lea Streisand vermittelt das Gefühl, man steckt mitten in Kathis Leben, mit all ihren Sorgen, Ängsten und natürlich immer präsent – der unerfüllte Kinderwunsch.
Der Kontrast zu Kathis Weg wird durch Effi präsent, die auf natürlichem Weg schwanger wird und somit eine Brücke zum Thema Mutterschaft und der Betrachtung der Mutterrolle schlägt. Lea Streisand unterfüttert in literaturwissenschaftlicher Herangehensweise und anhand der Entwicklung von Grimms Märchen, wie die Rolle der Mutter durch das Bürgertum geprägt wurde und beantwortet die Frage: Warum nicht nur eine leibliche Mutter das Beste für ihr Kind ist.
Die Fokussierung im Roman ist stark auf Kathi ausgerichtet, dabei finde ich, dass heutzutage auch mehr die Rolle der Männer mit in die Familienplanung einbezogen werden sollte, daher fand ich es sehr schade, dass über Davids Gefühlsleben so gut wie überhaupt nichts eingebunden wurde. Kinderwunsch im 21. Jahrhundert also nur eine Frauensache?
Bis auf diesen Kritikpunkt konnte mich Lea Streisand mit ihrem Roman auf eine emotionale Achterbahnfahrt mitnehmen, die für mich noch nicht zu Ende ist.
Ein bestärkendes Buch für alle Frauen, die den üblichen Phrasen zum Thema Kinderwunsch überdrüssig sind.
Titel: Hätt‘ ich ein Kind
Autorin: Lea Streisand
Genre: Gegenwartsliteratur
Verlag: Ullstein Buchverlage
ISBN-13: 978-3550201653
Format: Gebunden
Seitenanzahl: 224 Seiten
Preis: 19,99 €
Erschienen: 10. März 2022
Lea Streisand, geboren 1979 in Berlin, studierte Neuere deutsche Literatur und Skandinavistik. Sie schreibt Kolumnen für die taz und hat eine wöchentliche Hörkolumne auf Radio Eins.
Ihre Romane erscheinen bei Ullstein: „Im Sommer wieder Fahrrad“ im Herbst 2016, es folgten „Hufeland, Ecke Bötzow“ (2019) und „Hätt‘ ich ein Kind“ (2022). Außerdem sind Streisands Radiokolumnen im Ullstein Taschenbuch lieferbar: „War schön jewesen. Geschichten aus der großen Stadt.“
Quelle: Ullstein Buchverlage
~ authentisch und emotional ~ informativ und aufbauend ~ leider mit einem zähen und langweiligen Nebenplot, über die These der Gebrüder Grimm Märchen und deren Mutterschaften
Katis Bücherwelt