Titel: Das wilde Leben der Cheri Matzner
Originaltitel: Happy Family
Autorin: Tracy Barone
Übersetzerin: Stefanie Schäfer
Genre: Gegenwartsliteratur
Verlag: Diogenes Verlag
ISBN-13: 978-3257070552
Format: Gebunden
Seitenanzahl: 512 Seiten
Preis: 24,00 €
Erschienen: 24. April 2019
Das junge Ehepaar, Solomon und seine italienische Frau Carlotta „Cici“ Matzner freuen sich unbändig auf ihr erstes gemeinsames Kind. Doch als Cici eine Fehlgeburt erleidet und in eine schwere Depression gleitet, weiß sich Solomon nicht anders zu helfen als schnellstmöglich ein Kind zu adoptieren. Mit der Adoption von Cheri erwacht wieder neuer Lebensmut in Cici, doch die Familie zu der sie zusammenwachsen entspricht nicht mal ansatzweise dem, was sich Solomon und Cici von ihrem Leben erhofft hatten.
Der Roman »Das wilde Leben der Cheri Matzner« von Tracy Barone hat mich durch die Coverabbildung einer kessen jungen Frau direkt angesprochen und auch der Klappentext des Diogenes Verlages klang recht vielversprechend. Nach den ersten Kapiteln wurde jedoch ziemlich schnell klar, dass meine Erwartungen, einer frechen und wilden Geschichte, wie es der Buchtitel verspricht, nicht erfüllt werden würden. Anstatt einer wilden Lebensgeschichte bietet Tracy Barone eine mit viel Drama gewürzte Familienhistorie.
»Sie verliert ständig sich selbst, wie könnte sie jemanden anderem Halt geben?«
Seite 19
Die Geschichte beginnt mit Cheris Geburt als Tochter eines drogenabhängigen Teenager-Mädchens zu Beginn der 1960er Jahre. Von ihrer Mutter im Krankenhaus zurückgelassen landet Cheri durch den Hilfspfleger Billy Beal ganz ohne Behördenwahnsinn bei seiner Familie zur Pflege und schließlich auf nicht ganz legalem Weg bei der Familie Matzner, deren Baby kürzlich durch Komplikationen bei der Geburt verstarb. Cici Matzner ist nach dieser traumatischen Erfahrung und der Gewissheit nie wieder ein eigenes Baby bekommen zu können, in eine schwere Depression gestürzt.
»Es ist schon erstaunlich, was wir glauben nicht fertigbringen zu können, und wenn es so weit ist, fällt es uns plötzlich ganz leicht.« Seite 191
Nach diesem ersten Teil der Geschichte gibt es einen Zeitsprung in das 21. Jahrhundert. Cheris 40. Geburtstag steht vor der Tür, ihre Ehe mit dem älteren Michael steht kurz davor in die Brüche zu gehen und nach ihrer Arbeit bei der Polizei hat sie sich bis zur Professorin der Altorientalistik an der Chicagoer Universität auf der Karriereleiter nach oben gearbeitet.
»Er hat die Kunst der Meditation als passiv-aggressive Waffe perfektioniert. Er rülpst, räuspert sich hinten in der Kehle. Geräusche die Cheri das Gefühl vermitteln, mit einem alten Pinguin namens Milton zusammenzuleben.« Seite 140
Trotz meiner unerfüllten Erwartungen ist es Tracy Barone gelungen, mich mit ihrer emotionalen Familiengeschichte um den Finger zu wickeln.
Sie beleuchtet Cheris Leben aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln und offenbart häppchenweise anhand diverser Rückblicke die Schlüsselmomente ihrer Kindheit. Dabei werden dem Leser vor allen Dingen schwere Themen wie die Wichtigkeit der Religion in der Familie, Verlust eines Kindes, Adoption, Drogenmissbrauch, Eheprobleme, Ehebruch und der Umgang mit einer Krebserkrankung serviert.
Die Partnerschaft von Cheri und Michaels hat sich im Laufe der Jahre, nicht zuletzt durch Cheris unterdrückten Probleme mit ihrer Identität, in eine Sackgasse manövriert. Als sie kurz vor einer Scheidung stehen erhält Michael die Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs im Endstadium. Cheri versucht ihren Mann so gut es geht zu unterstützen und fällt danach, ähnlich wie ihre Mutter nach dem Tod ihres Babys, in ein tiefes Loch.
»Ist es unvermeidlich, dass jeder Ehe irgendwann der Sauerstoff ausgeht, da ein Partner den des anderen aufbraucht, bis beide nur noch nach Luft schnappen?«
Seite 328
»Cookies Vorschlag hatte sie darauf gebracht, darüber nachzudenken, wie gut wir überhaupt andere Menschen kennen, sogar die, die wir jeden Tag sehen, sogar die Menschen, die wir lieben.«
Seite 194
»Das wilde Leben der Chrie Matzner« hat mich durch die unglaublich authentischen Protagonisten, die eindrückliche Schreibkunst von Tracy Barone und jeder Menge Drama (das an manchen Stellen definitiv etwas zu überladen und konstruiert wirkt) an die Seiten gefesselt und mir schlussendlich auch noch ein paar Tränchen abgenötigt. Außerdem fand ich die Frage die der Roman aufwirft, ob man tatsächlich die Menschen, mit denen man täglichen Umgang pflegt, die man liebt, mit denen man verwandt ist, so gut kennt sehr interessant.
Ein mitreißender und berührender Roman, der die großen Fragen des Lebens aufwirft.
Tracy Barone, geboren 1962 in Hartford, Connecticut, studierte Religionswissenschaften und Szenisches Schreiben an der NYU. Sie arbeitete zuerst als Theater- und Drehbuchautorin, ehe sie nach Hollywood ging, wo sie sich als Executive Producer von Kinofilmen und TV-Produktionen (u.a. ›Wild Wild West‹, ›Rosewood‹, ›Ein Präsident für alle Fälle‹ und ›Money Train‹) einen Namen machte, außerdem war sie an der Entwicklung von ›Men in Black‹ und ›Ali‹ beteiligt. Sie hat eine Tochter und lebt in Los Angeles.
Quelle: Diogenes Verlag | Foto: © Adeline Sumney Wohlwend
[…] mein Fazit zu Tracy Barones „Das wilde Leben der Cheri Matzner“: ein fulminanter Einstieg mit einem furchtbaren Absturz zu einer banalen Story mit Hollywood-Happy End.
Schreiblust Leselust
Mich hat Das wilde Leben der Cheri Matzner tief bewegt.
Federecke
Schön dass dir das Buch auch so gut gefallen hat. Und vielen Dank für deine Verlinkung!
Sehr gerne