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Die Parallelen zur »Farm der Tiere« kommen nicht von ungefähr. Xavier Dorisons (»Long John Silver«, »Undertaker«) scharfsinnige Modernisierung von George Orwells Fabel hält uns einen Spiegel vor, in dem wir unbequeme Wahrheiten erkennen müssen. Der ausdrucksstarke Strich von Félix Delep, der ein eindrucksvolles Erstlingswerk abliefert, haucht seinen tierischen Protagonisten so viel Menschlichkeit ein, dass die Unmenschlichkeit der Diktatur umso stärker hervortritt.
Die Fabel, »Schloss der Tiere«, um das diktatorische Regime von Stier Silvio und der friedlichen Revolution unter der Führung der Katzenmutter Miss Bengalore geht mit »Die Nacht der Gerechten« in die dritte Runde und setzt den Grundstein für das Finale im abschließenden vierten Album.
Nachdem die von Silvio ausgebeuteten Tiere in »Margeriten im Winter« einen kleinen Sieg errungen haben und dieser seine Nummer 1 aus dem Wachhunderudel an die Meute geopfert hat, stürzt Miss B. in eine Sinnkrise und will alles hinschmeißen, denn mit Schrecken blickt sie auf den radikalisierten Teil ihrer Bewegung.
© Splitter Verlag/Félix Delep
Nur durch die Unterstützung der weisen Ratte Azelar gelingt es Miss B. neuen Mut zu schöpfen und mit neuem Elan verfolgt sie ihren Plan, alle Tiere auf friedliche Weise zu vereinen, um eine gerechte Gesellschaft herbeizuführen. Zusammen mit ihren Mitstreitern verfasst sie eine Liste mit Forderungen, an oberster Stelle, die Wahl eines Präsidenten, und legt diese bekräftigt von einem Arbeitsstreik Silvio vor, sodass dieser sich in Zugzwang sieht.
© Splitter Verlag/Félix Delep
Xavier Dorison beweist in »Die Nacht der Gerechten« mal wieder sein erzählerisches Können, indem er die Handlung seiner Fabel auf eine glaubhafte und spannende Weise fortführt. Dabei beleuchtet er nicht nur die Lage der erschöpften Tiere, die den Kampf gegen das ungerechte Regime nicht aufgeben, sondern auch die Seite von Silvio und seinen Wachhunden.
Hervorzuheben sind wieder die einmaligen Illustrationen von Félix Delep, der die Szenerie in seinen aussagekräftigen Panels einfängt. Mit seiner feinen Linienführung gelingt es ihm, den Tieren etwas Nahbares einzuhauchen, sodass es leicht fällt, die Parallelen zur Historie der Menschen zu ziehen. Eine wirklich empfehlenswerte Serie, die mich nun gespannt das Finale erwarten lässt, denn natürlich interessiert es mich nun brennend, wer zum Ende den Sieg davontragen wird.
Diese Fabel ist nicht nur durch die wunderbaren Illustrationen ein richtiger Hingucker, sondern besticht auch mit ihrer wichtigen Botschaft für eine friedliche Gesellschaft.
Titel: Die Nacht der Gerechten
Reihe: Schloss der Tiere (Band 3 von 4)
Originaltitel: Le Château des Animaux 3
Autor: Xavier Dorison
Illustrator: Félix Delep
Übersetzerin: Tanja Krämling
Genre: Comic
Verlag: Splitter Verlag
ISBN-13: 978-3962191870
Format: Gebunden
Seitenanzahl: 64 Seiten
Preis: 17,00 €
Erschienen: 23. November 2022
* 1972 in Paris. Xavier Dorison studierte eigentlich an einer Hochschule für Wirtschaft, an der er auch ein Comic-Festival organisierte. Mit dem Skript für »Das dritte Testament« (gezeichnet von Alex Alice) gelang ihm jedoch auf Anhieb ein Bestseller, sodass er in der Folge nur noch als Autor tätig war. Alles, was Xavier anfasste, gelang: »Prophet« mit Matthieu Lauffray, »Heiligtum« mit Christophe Bec, »W.E.S.T.« mit Fabien Nury und Christian Rossi und nicht zuletzt »Undertaker« mit Ralph Meyer, sein bisher größter Erfolg. Dabei wechselt er scheinbar mühelos zwischen den Genres und Stilen, sodass ihm inzwischen sogar die legendäre Serie »Thorgal« anvertraut wurde.
Quelle: Splitter Verlag
Eine wichtige, bewegende Fabel mit aktueller Brisanz, die schöner nicht aussehen könnte.
Comic-Couch, Marcel Scharrenbroich
Die Optik ist weiterhin sehr gelungen, die Handlung gradlinig und frei von großen Überraschungen.
Der Büchernarr