Titel: Die Bluse
Originaltitel:
Autor: Bastien Vivès
Übersetzer: Andreas Förster
Genre: Comic, Graphic Novel
Verlag: Reprodukt
ISBN-13: 978-3956401855
Format: Gebunden
Seitenanzahl: 208 Seiten
Preis: 24,00 €
Erschienen: 20. Mai 2019
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Séverine studiert Literaturwissenschaft in Paris und wohnt zusammen mit ihrem Freund Thomas, der mehr Zeit mit Computerspielen und TV-Serien verbringt als mit ihr. Sie hat sich offenbar eingerichtet in einem monotonen Leben, das sie eher erduldet denn gestaltet. Bis eine geliehene Seidenbluse ihr Leben verändert: Plötzlich wird sie von aller Welt mit anderen Augen wahrgenommen, Männer sehen sie voller Verlangen an, und sie lässt sich bereitwillig auf Abenteuer ein. Es ist, als würde die Bluse ihr magische Kräfte verleihen und sie aus einem langen Schlaf wecken. Séverine taucht ein in ein Leben, das vor allem einem folgt: dem Lustprinzip.
Der Comic »Die Bluse« von Bastien Vivés ist mir gleich ins Auge gesprungen und hat mich durch die Thematik angesprochen. Der französische Künstler erzählt in seinem Werk die Geschichte einer jungen Frau, die sich selbst erst durch eine kleine Wende in ihrem Leben besser kennen lernt, ihre Lust austestet und ihre Fähigkeiten bewusst wahrnimmt.
Die Literaturstudentin Séverine führte ein eingefahrenes, gar langweiliges, Leben mit ihrem Freund Thomas der ihr nur wenig Aufmerksamkeit schenkt und am liebsten Zeit mit seinen Freunden beim Spielen und Serien schauen verbringt. Als sich Séverine eine Seidenbluse ausleiht verändert das nicht nur ihre eigene Wahrnehmung von sich, sondern auch die Menschen um sie herum betrachten die junge Frau plötzlich in einem völlig veränderten Licht.
Bastien Vivès hat also durchaus eine interessante und spannende Grundidee herangezogen, mich aber leider mit der Umsetzung nicht ganz überzeugen können. Es ist spannend zu betrachten, wie ein feines Kleidungsstück urplötzlich aus einer schüchternen und zurückhaltenden Persönlichkeit einen ganz anderen Menschen macht. Der Rollenwechsel hat schon etwas von einer Superheldin, die sich ihr Outfit überstreift und alleine durch die veränderte Kleidung ganz anders auftritt und ihre Kräfte nach außen hin bewusst zeigen kann.
Ich hätte mir allerdings sehr gewünscht das die Kraft des Female Empowerment sich auch in den Gefühlen der Protagonisten findet. Zu der Gedankenwelt von Séverine bekommt der Leser allerdings keinen Zugang gewährt und somit bleiben ihre Gefühle zu ihrer rasanten Entwicklung weithin im Dunkeln. Sicherlich hätte es der Handlung gutgetan, wenn der Autor dies etwas mehr herausgearbeitet hätte.
Sehr gut gefallen hat mir der unglaublich befreite Umgang mit der weiblichen Lust. Nachdem Séverine in der edlen Seidenbluse steckt geht sie ohne jede Bedenklichkeiten mit ihrer Sexualität um, probiert aus und entdeckt eine ganz neue Seite an sich. Manche Szenen mögen etwas überspitzt dargestellt sein und doch kommt die Botschaft genau durch diese Überspitzung deutlich an.
Die Zeichnungen Vivès passen in ihrer Schlichtheit und dem minimalistischen Stil, der nur das wesentliche preisgibt, sehr gut zur Story. Die Darstellung von Séverines Gefühlen in ihrer Mimik ist meist nur in feinen Nuancen angedeutet und überlässt es so oftmals dem Leser, welche Gedanken wohl in ihrem Kopf vorgehen mögen.
In diesem Comic steckt sehr viel Potenzial, dass durch die stilistisch ansprechenden Zeichnungen des Künstlers hervorsticht. Von der Umsetzung des Themas hätte ich mir jedoch ein bisschen mehr Tiefgang bezüglich der Gedanken und Gefühle gewünscht.
Bastien Vivès, geboren 1984 in Frankreich, studierte Grafik und Animation an der École des Gobelins. Bereits in jungen Jahren kann der Zeichner auf ein umfangreiches und stetig wachsendes Œuvre zurückblicken. Dabei bestechen seine Arbeiten wie „In meinen Augen“, „Amitié étroite“ oder „Für das Imperium“ durch eine enorme stilistische Bandbreite auf hohem Niveau.
Für „Der Geschmack von Chlor“ ist Bastien Vivès 2009 auf dem Comic-Festival in Angoulême mit dem Essentiel Révélation, dem Preis für den Besten Nachwuchskünstler, ausgezeichnet worden.
Bastien Vivès lebt und arbeitet in Paris.
Quelle: Reprodukt
[…]ein netter Comic, der durchaus Spaß macht, jedoch nicht lange in Erinnerung bleiben wird.
Geek Whisperer, Andreas
Liebe Bella
Vielen Dank für diese Vorstellung, denn ich hatte „Die Bluse“ schon auf dem Kiecker. War aber bisher skeptisch und hatte auch nur Besprechungen von Männern gelesen.
Ich kann deine Punkte nachvollziehen, mich hätte das vermutlich ähnlich irritiert.
Liebe Grüße
Sandra
Liebe Sandra,
ich hoffe, dass ich dir mit meiner Rezi bei deiner Entscheidung weiterhelfen konnte. Bei der Geschichte ist allerdings auch deutlich spürbar, dass der Plot aus einer männlichen Autorenfeder geflossen ist – vielleicht hätte sich der französische Künstler hier noch etwas Input bei Frauen holen sollen, um die Gefühlswelt der Protagonistin zu unterfüttern.
Hab ein tolles Wochenende!
Liebe Grüße
Bella
Ja, Bella, hast du :-*
LG
Sandra
Hallo meine Liebe,
Mensch, das klingt gut, aber die Emotionen. Ich will diese ja nicht nur in der Mimik und Getsik erahnen können, sondern Bescheid wissen. Wie war das? Wort und Bild sollen eine Einheit bilden.
Danke für die Rezension.
Liebe Grüße
Tina
Liebe Tina,
die Mimik/Gestik ist wirklich sehr gleichbleibend gehalten, so dass man daran leider nur erahnen kann wie es in Séverines Gefühlswelt aussieht. Das ist auch mein größter Kritikpunkt an diesem Comic. Wort und Bild wiedersprechen sich jedoch nicht. Es bleibt eben sehr viel dem Betrachter überlassen.
Liebe Grüße
Bella