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Der Reliquienhändler Armando Catalano, bekannt als »Der Skorpion« will unbedingt Rache an Kardinal Trebaldi nehmen, der einst seine Mutter als Ketzerin anklagte und sie bei lebendigem Leib verbrannen ließ. Trebaldi lässt Armando von seinen Mönchskriegern verfolgen, doch als immer mehr seiner Krieger dem Degen des Skorpions zum Opfer fallen und er diese auch nicht mehr bezahlen kann, wendet sich das Blatt. Die Wahrheit um die Geheimnisse der Verstrickungen in den mächtigsten Familien, wird dabei Stück für Stück enthüllt…
In der dritten Gesamtausgabe der frankobelgischen Mantel- und Degen-Comic Serie »Der Skorpion« von Stéphen Desberg und Enrico Marini sind die von 2011 bis 2020 als Softcover veröffentlichte Einzeltitel: »Die Maske der Wahrheit«, »Im Namen des Sohnes«, »Das Geheimnis der Trebaldi« und »Das böse Omen« enthalten.
Dieser abgeschlossene Zyklus ist leider auch der letzte mit den Illustrationen von Enrico Marini, die nachfolgenden Episoden werden von Luigi Critone (»Aldobrando«) gestaltet – allerdings hat mir Enrico in einem Interview verraten, dass er in Zukunft alleine an ein paar Geschichten mit dem Skorpion arbeitet, die unabhängig von der Hauptserie laufen werden (Marini-Fans dürfen sich also freuen!). Leider merkt man es dem letzten Einzelband dieser prachtvollen Hardcoverausgabe auch an, dass im Team Desberg-Marini die Luft raus ist und das Kapitel schnell abgeschlossen wurde – ansonsten bin ich aber wieder sehr begeistert von der phantastischen künstlerischen Umsetzung dieser trivialen wie auch klassischen Haudegen-Serie.
Das Rom des 18. Jahrhunderts wird in diesem Comickunstwerk lebendig und Marini gelingt es mal wieder mit seinen feinen Zeichnungen die Geschichte um familiäre Verstrickungen, die weit in die Vergangenheit zurückreichen, Machtkämpfe, Intrigen und Ränkespiele in der Kirche gekonnt in Szene zu setzen.
Der Skorpion jagt wie bereits gehabt seiner Rache hinterher und versucht in waghalsigen Aktionen sein Ziel zu erreichen, dabei offenbaren sich ungeahnte Hintergründe der wahren Vergangenheit und es gibt mehr oder weniger überraschende Entwicklungen während ihm von mehreren Seiten aus nach dem Leben getrachtet wird und sich das Geschehen zuspitzt. Zur Auflockerung darf natürlich die Seite als Frauenheld nicht unter den Tisch gekehrt werden, und so ist es kaum verwunderlich, dass sich Armando zwischen aktuellen Liebeleien mit Méjaï und Ansea Latal mit einem Sohn aus einer vergangenen Liebschaft konfrontiert sieht.
Die Zusammenhänge sind leicht nachzuverfolgen und einige der Charaktere erhalten im Verlauf mehr Tiefe, doch den größten Reiz dieser klassischen Mantel-und-Degen-Story übt die temporeiche Action mit bildgewaltigen Verfolgungsjagen über den Dächern Roms und cineastischen Degenkämpfen auf mich aus.
Etwas traurig war für mich die Entwicklung der langjährigen Männerfreundschaft zwischen dem Skorpion und seinem ungarischen Geschäftspartner Husar, die hier zusehends auseinanderdriftet und nur wenig Beachtung geschenkt bekommt. Abschließend zusammengefasst konnte auch die dritte Gesamtausgabe bei mir punkten und die aufgeworfenen offenen Fragen wurden insoweit beantwortet, als die Story einen Abschluss erhält, bei dem noch eine Tür für die Weiterführung offen bleibt.
Lebendige Degenkämpfe, jede Menge Verstrickungen sowie der Kampf um die Vorherrschaft über die mächtigsten Familien geben jede Menge Zündstoff für diesen dritten Skorpion-Sammelband. Spannende und actiongeladene Unterhaltung von der ersten bis zur letzten Seite!
Titel: Der Skorpion Gesamtausgabe 3
Originaltitel: Le Scorpion
Storys: Skorpion Band 9 bis 12
Autor: Stéphen Desberg
Illustrator: Enrico Marini
Übersetzer: Harald Sachse
Genre: Comic
Verlag: Carlsen Verlag
ISBN-13: 978-3551743381
Format: Gebunden
Seitenanzahl: 224 Seiten
Preis: 40,00 €
Erschienen: 28. Dezember 2021
»Die Maske der Wahrheit« (2011)
»Im Namen des Sohnes« (2013)
»Das Geheimnis der Trebaldi« (2015)
»Das böse Omen« (2020)
Stéphen Desberg arbeitet an mehreren klassischen Serien des Verlags Dupuis, bis er sich auf den Kindercomic »Billy the Cat« konzentriert.
Er begeistert sich für Schwarzafrika und reist sehr gerne, was sich auch in weiteren Projekten, die er für Dupuis und Casterman realisiert.
1993 beginnt er an einer Serie über die Antillen und Piraterie im 17. Jahrhundert. Sein erstes Projekt mit Marini ist der Western »Stern der Wüste« (deutsch bei Ehapa), bevor er mit Marini das historische Mantel- und Degenepos »Der Skorpion« umsetzt, das auch in Frankreich noch nicht abgeschlossen ist.
Quelle: Carlsen Verlag
Enrico Marini, geboren am 13. August 1969 ials Sohn italienischer Einwanderer in der Schweiz, studierte von 1987 bis 1991 Grafik an der Kunsthochschule in Basel. Sein Stil ist von den amerikanischen Comics, den italienischen Fumetti und dem Manga beeeinflusst, und zu seinen Vorbildern gehören Autoren wie Hermann, Jordi Bernet, Milton Caniff, Alfonso Font, Giraud und Otomo. Seine Karriere begann 1987, als er mit knapp 18 Jahren den Comicwettbewerb in Sierre gewann. Umgehend durfte er in Frankreich seine erste eigene Serie zeichnen: „Olivier Varèse“ nach einem Szenario von Thierry Smolderen. 1992 erschufen die beiden gemeinsam »Gipsy« einen Trucker, der sich nicht nur durchschlagen muss, sondern es auch kann. Mit dem Autor Jean Dufaux und der Serie »Rapaces« (»Raubtiere – Jäger der Nacht«) begibt sich Marini 1998 in die Welt der Vampire. Schließlichkonnte er mit Stephen Desberg einen Kindheitstraum verwirklichen und 1996 den Western Western »L’Etoile du Désert« (»Der Stern der Wüste«) zeichnen. Aus dieser Zusammenarbeit entwickelten sie vier Jahre später »Le Scopion« (»Der Skorpion«) ein großes Mantel-und-Degen-Epos. Seit 2007 ist Marini selbst Autor und Zeichner der Serie »Eagles du Rome« (»Adler Roms«), der Geschichte von Hermann dem Cherusker. 2017 meisterte er eine neue Herausforderung: Für DC Comics zeichnete er inzwischen zwei Bände „Batman“.
Marinis frankophonen Alben erscheinen bereits seit den Neunzigerjahren auf Deutsch im Carlsen Verlag.
Quelle: Carlsen Verlag